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Klostergrabungen in Annaberg-Buchholz

Skelett in der Klosterkirche des ehemaligen Annaberger Franziskanerklosters

Spektakulärer Mordfall aus dem 16. Jahrhundert

Die Geschichte des Annaberger Franziskanerklosters wird immer spannender. Nachdem Experten des Sächsischen Landesamtes für Archäologie in den Jahren 2016 und 2017 am historischen Standort über 10.000 Fundstücke ausgruben und der Grabungsort in die Liga der bedeutendsten Fundorte in Europa aufstieg, gab es während der Untersuchungen von Gräbern in der ehemaligen Klosterkirche Hinweise auf einen spektakulären Mordfall aus dem Jahr 1514.

Wissenschaftler des Landesamtes für Archäologie Sachsen (LfA) rekonstruierten dazu gemeinsam mit der Berliner Anthropologin Dr. Bettina Jungklaus eine sehr interessante Bestattung. Das über 500 Jahre alte Skelett weist am Hinterkopf klare Spuren eines Gewaltverbrechens auf. Das Alter des etwa 1,65 m großen Mannes wird auf 57 bis 67 Jahre geschätzt. Durch intensive historische Recherchen stellte sich heraus, dass es sich bei dem Erschlagenen nur um den Kaufmann Johann Wengemeyer handeln kann, der laut den Annaberger Gerichtsakten im Mai 1514 ermordet worden war und in der Franziskanerkirche bestattet wurde. Der wohlhabende Unternehmer stammte aus dem oberdeutschen Gebiet und hielt sich mit seiner Frau Barbara damals in der florierenden Bergstadt Annaberg auf.

"Die Akten und der Skelettfund geben Zeugnis von einem Gewaltverbrechen, das alle Zutaten zu einem Thriller hat," erläutert dazu Dr. Christiane Hemker,
Referatsleiterin Südwest-Sachsen im LfA. Die beiden Mörder, Wiwolt Tierman aus Nürnberg und sein Geselle Hensel Unger, die kurz nach der Tat im Juni bzw. Juli 1514 gefasst wurden, waren schnell geständig. Wiwolt Tiermann soll von dem reichen Nürnberger Patrizier Andreas Tucher über Mittelsmänner gedungen worden sein, Wengemeyer zu töten. Dafür wurde ihm die enorme Summe von 400 Gulden in Aussicht gestellt, was dem achtfachen Jahreseinkommen eines damaligen Handwerkers entsprach. Die beiden Täter gaben zu, dass sie Wengemeyer auf dem Weg vom Markt zum Kloster aufgelauert hatten und ihn dann in der Klosterstrasse von hinten erschlugen. Nach dem Gerichtsprotokoll wurde Wengemeyer vorgeworfen, er habe "falsche brieve geschrieb(e)n".
Dr. Regina Smolnik, die Landesarchäologin des Freistaates Sachsen sagt u. a.: "Wir verdanken es der Kombination verschiedener Fachdisziplinen, dass wir uns dem Rätsel um diesen außergewöhnlichen archäologischen Fund nähern konnten".

Auch in der Ausgabe des "SPIEGEL" vom 13. Juli 2018 geht Autor Steffen Winter unter der Überschrift "Die schaurige Geschichte um ein 500 Jahre altes Skelett" auf die heiße Story ein.

In den nächsten Jahren wird am Standort des ehemaligen Franziskanerklosters im Auftrag des Freistaates Sachsen das zentrale Finanzamt des Erzgebirgskreises errichtet. Nach der Fertigstellung ist geplant, einige ausgewählte Artefakte aus den Grabungen in Annaberg-Buchholz zu zeigen.

Ansprechpartner

Person
Landesamt für Archäologie
Funktion
Dr. Christoph Heiermann
Telefonnummer
0351 8926 603
E-Mail