
Gemeinschaft gedenkt der dunklen Vergangenheit und setzt ein Zeichen gegen Antisemitismus am 9. November
Am vergangenen Donnerstag versammelten sich die städtischen Freiwilligen Sozialdienstleistenden (FSJ'ler) sowie Schülerinnen und Schüler des Landkreisgymnasiums St. Annen und Beruflichen Schulzentrums zu einem besonderen jährlich stattfindenden Projekttag in Annaberg-Buchholz.
Der Tag begann mit einer bewegenden Stadtführung unter dem Titel "Jüdisches Leben in Annaberg und Buchholz", die einen Einblick in die historische Bedeutung der israelitischen Glaubensgemeinschaft und deren Mitglieder in Annaberg und Buchholz gab.
Die Stadtführung, unter den fachkundigen Leitungen von Kristin Baden-Walther sowie von Lothar Sachs führte die Teilnehmer zu den Orten des einst blühenden jüdischen Lebens. Von den anfänglichen Herausforderungen, Freundschaften und Anerkennung bis hin zu den dunklen Zeiten der antisemitischen Hetze, Verfolgung, Zerstörung und Mord - die Führung bot einen umfassenden Überblick über die Geschichte der jüdischen Gemeinschaft in Annaberg und Buchholz.
Die Stadtführung endete am Jüdischen Ehrenhain (Neuer Friedhof, Barbara-Uthmann-Ring), wo gemeinsam mit Oberbürgermeister Rolf Schmidt, dem Gemeinderatsvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, Igor Gurevych sowie deren weiteren Mitgliedern, Pfarrer Tobias Frauenlob, Mitorganisatorin Ulrike Bernhardt und couragierte Bürger, die sich für eine aktive Erinnerungskultur in Gedenken an die ehemalige Jüdische Gemeinschaft Annaberg-Buchholz engagieren, interessierte Bürger und den Schülern an die brutalen Ereignisse der Reichskristallnacht vor 85 Jahren erinnert wurde. Im Zuge der von den Nationalsozialisten organisierten "Reichspogromnacht" am 9. November 1938 wurden auch in Annaberg jüdische Bürger festgenommen, verschleppt sowie zum Teil ermordet, Geschäfts- und Wohnräume verwüstet und die Gebetsräume zerstört. Auf dem jüdischen Friedhof wurden durch Hass und sinnlose Gewalt Gräber geschändet und zerstört, Grabsteine umgeworfen und beschädigt. Dies war Auftakt der systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland, die in den Jahren vor dem Holocaust ihren Höhepunkt erreichte.
In einer bewegenden Gedenkveranstaltung gedachten die Teilnehmer mit Gesang durch Galyna Lunova, Gebeten, Namensverlesungen, Kranz- und Blumenniederlegungen sowie verschiedenen Grußworten der Opfer. Alle betonten die Wichtigkeit, sich an die überlieferten Geschehnisse der Vergangenheit zu erinnern. Angesichts der aktuellen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf dem derzeitigen Krieg im Nahen Osten sowie dem wieder vermehrt aufloderndem Hass und Antisemitismus wurden Appelle für Toleranz, Respekt und den Schutz von Menschenrechten und Freiheiten formuliert.
Der Projekttag bot nicht nur historische Einblicke, sondern rief auch dazu auf, demokratische Werte wie Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit, respektvollen gegenseitigen Umgang und Toleranz im täglichen Leben zu leben und zu verteidigen sowie sich nicht durch Beitragsfluten der Medien propagieren zu lassen. Die Sprecher betonten die Bedeutung des Dialogs und des gemeinsamen Miteinanders für eine lebenswerte und demokratische Gesellschaft.
Das öffentliche Erinnern an die Vergangenheit sollte als Aufforderung und Mahnung dienen, um sicherzustellen, dass sich Gräueltaten wie die der Reichspogromnacht 1938 nie wiederholen.